2012/08/14

Burg Matsumoto - die Krähenburg

Burg Matsumoto bei Nacht
Wir wollten schon öfters nach Nagano bzw. Matsumoto fahren, jedoch kam immer irgendetwas dazwischen. Aber letztendlich haben wir es doch geschafft, der trägen schwülen Sommerhitze Tôkyôs (von mir auch Moloch Tôkyô genannt...) zu entfliehen und für ein paar Tage einen kühlen Abstecher nach Nagano, genauer gesagt nach Matsumoto, zu machen.

Vermeintlich kühl muss man dazu sagen, denn in der Stadt Matsumoto hatte es doch 35°C, jedoch fehlte die für Japan typische Schwüle und so fiel es (mir) nicht besonders auf. Die berühmteste Sehenswürdigkeit in Matsumoto ist wohl die Burg Matsumoto, die vom Bahnhof aus leicht zu Fuß erreichbar ist und von einem wunderschönen Park umgeben ist, den man auch nachts betreten kann.

Aussicht auf Matsumoto von der Burg Matsumoto
Burg Matsumoto  - 松本城
Die Burg Matsumoto ist meiner Meinung nach einer der schönsten Burgen Japans. Anders als die Burg Nijô (Nijô-jô, 二条城) in Kyôto (welche nur ein einfaches, einstöckiges Gebäude ist) oder die Burg Ôsaka (welche einen sehr prachtvollen Stil hat) ist die Burg Matsumoto schlicht in Schwarz gehalten, deswegen und wegen der Dachkonstruktion der Burg, die an Krähenflügel erinnert, wird sie auch "Krähenburg" (karasu-jô, 烏城) genannt.
Die "Krähenburg"
Im Jahre 1504 wurde von Shimadachi Sadanaga von dem Ogasawara Clan an der Stelle der heutigen Burg ein Fort namens Fukashi-jô errichtet, aus dem die heutige Burg Matsumoto entstanden ist. Da die Burg Matsumoto zur Zeit der kämpfenden Provinzen (Sengoku-Zeit, Mitte 15. Jhd bis Anfang 17. Jhd) errichtet wurde, ist sie als Verteidigungsburg errichtet worden. Es gibt sogar einen "geheimen" Stock, der 5. Stock ist niedriger als die anderen Etagen und fensterlos, diente hauptsächlich als Speicher für Lebensmittel und als Waffenlager.
Eine Niederungsburg mit Burggraben
 Insgesamt regierten in der Burg 23 verschiedene Feudalherren, die sechs verschiedenen Daimyô-Familien angehörten."In Betrieb" war die Burg von 1504 bis 1868, da der äußere Burgteil im Zuge der Meiji Restauration abgebaut wurde. Eine Bürgerbewegung Matsumotos verhinderte, dass die komplette Burg abgebaut wurde und die Stadtregierung Matsumotos gelangte in den Besitz des Turmes.

Dieser Turm wiederrum begann sich gegen Ende der Meiji Zeit zur Seite zu neigen, was auf Konstruktionsfehler zurückzuführen ist, jedoch glaubten viele, dass dies auf den Fluch Tada Kasukes zurückzuführen sei, ein Bauer, der eine leitende Figur im Jôkyô Aufstand (1686, Aufstand gegen Steuererhöhung) und hingerichtet worden war.

Noch einmal bei Nacht

In der Nachkriegszeit wurden an der Burg Matsumoto mehrere Renovierungen vorgenommen und die Burg wurde zum Nationalschatz Japans erhoben.
Der Eintritt zur Burg und zum Burgpark kostet 600 Yen und man kann auch im Inneren der Burg herumklettern. Herumklettern deshalb, weil die Stiegen teilweise extrem steil und wirklich schwer zum Rauf und noch schwerer zum Runtergehen sind...

Alte Kaichi Schule - 旧開智学校

In der Nähe der Burg befindet sich noch die alte Kaichi Schule, eine der ersten Schulen Japans, welche 1873 eröffnet wurde und deren Architektur westlich sowie japanische Elemente vereint (leider nur die kitischigen davon...) 1872 wurde vom er neu eingerichteten Bildungsministerium eine neue Bildungsreform verabschiedet, in deren Rahmen auch die Kaichi Schule errichtet wurde. 1961 wurde das Gebäude der Kaichi Schule zu einem "Wichtigen Kulturgut" erhoben und kann heute als Museum besichtigt werden. Daneben befindet sich die neue Kaichi Schule, die auch noch als solche genutzt wird. Das Gebäude der neuen Schule ist natürlich neu, aber sieht wie eine Art Transformation in die Gegenwart der alten Kaichi Schule aus.

Die alte Kaichi Schule - heute ein Museum
Nawate Dôri - 縄手通り
Nawate Dôri in Matsumoto
Ein kleines Highlight in der Stadt fand ich persönlich die Nawate Dôri, eine kleine Einkaufsstraße mit vielen alten und neuen Geschäften entlang des kleinen Flusses Metobagawa (女鳥羽川). Was mich am meisten verwundert hat, waren nicht nur die Frösche, Froschskulpturen oder Froschstofftiere oder sonstigen Frösche, die sozusagen das Symbol der Nawate Dôri sind, sondern viel mehr die Tatsache, dass Geschäfte, die nicht gar unterschiedlicher sein könnten, nebeneinander in einer Art Symbiose leben.
Da gibt es zum Beispiel einen urigen Soba-Laden im Prachtbau, neben dem ein neues, schickes Restaurant-Café, welches sich auf Quiches spezialisiert hat, steht. Alte Läden, die allen möglichen Krimskrams verkaufen und daneben dröhnt aus den Lautsprechern eines anderen Cafés Jazz. 

Froschskulptur vor dem Eingang zur Nawate Dôri
Und dann überall Frösche! Früher soll es im Metobagawa viele Frösche gegeben haben, aber durch den unachtsamen Umgang des Menschens mit der Natur wurde der Fluss verschmutzt und alle Frösche sind mittlerweile verschwunden.

Frösche überall!
Jedoch versuchen vor allem die Leute der Nawate Dôri nun, die Frösche wieder zurückzuholen und stellen wohl überall die Froschskupluturen, -figürchen etc auf, um Bewusstsseinsbildung zu üben. Der Fluss allerdings ist wirklich sehr schön und klar - aber ich habe (noch) keine Frösche gehört.

Kerzen am Fluss
An dem Abend, als wir in Matsumoto waren, gab es auch ein kleines Event in der Nawate Dôri, bei dem einige ausgewählte Geschäfte bis 20 Uhr offen hatten. Unten am Flussufer waren auch viele große Kerzen aufgestellt und Melonen, für die Nagano auch bekannt ist, wurden verkauft. Ein kleines Feuerwerk hat es auch gegeben.

Neu und Alt: links ein schicker Quiche Laden, rechts ein traditioneller Soba Laden

Kleinstadtflair im Blütenmeer
Eine weitere Besonderheit von Matsumoto ist meiner Meinung nach die Initiative der Bürger, so gut wie überall Blumen aufzustellen und zu pflegen. Das verändert nicht nur das Stadtbild ungemein. An Brückengeländern blühen Blumen, vor den Geschäften stehen viele Blumen und andere Topfpflanzen, wo man hinsieht, fast jeder Fleck, der in Tôkyô dem grauen Beton überlassen werden würde, ist begrünt oder beblüht. Zumindest in den Gegenden, die von den kleinen Geschäftsleuten beherbergt sind. Aber auch viele private Haushalte haben sich dem Blumenmeer angeschlossen.

Brücke vor dem Eingang zur Nawate Dôri
Was mir auch noch aufgefallen ist sind die vielen kleinen Geschäfte und Lokale, die  ich in einem  Gebäude, das wie ein kleiner japanischer Speicher (kura) aussieht, befinden. Und es gibt unzählige alte Gebäude im europäischen Stil. In manchen Straßen Matsumotos könnte man glauben, man flaniert gerade über einen italienischen Piazza. Wie bereits oben gesagt, ist der Mix aus alten, traditionellen und neuen, schicken Lokalen und Geschäften sehr bemerkenswert und begrenzt sich nicht nur auf die Nawate Dôri.

Weitere Bilder von Matsumoto:

Auch Abseits der Hauptstraßen finden sich kleine Kanäle und Blumen

Wasserspiele an einer der Hauptstraßen
Noppe! XD
Viele Läden oder Restaurants sind in Gebäuden,
die einem traditionellen jap. Speicher (kura) ähneln

4 Kommentare:

  1. mal wieder ein interessanter und vor allem lehrreicher Eintrag! Ich wusste gar nicht, dass die Stadt so eine spannende Geschichte hat!

    Ich denke nur, dass der Vergleich mit Nijo, ist vielleicht etwas unglücklich gewählt, weil Nijo ist ein Schloß und Matsumoto eine Burg, da hatte man schon andere Ziele bei der Errichtung der beiden Gebäude (ein Schloß ist für Aristokratie zu Friedenszeiten; und eine Burg ist doch eher mit Kriegeradel verbunden und dient gleichzeitig zur Verteitigung im Krieg)

    Aber die Burg ist echt total schön!! Voll schlimm, wass man da zur Meiji-Zeit geplant hat... jetzt ist die arme Burg ganz nackig ohne dem Wall o.O zum Glück hat sich die Bürgerbewegung doch noch durchsetzen können!

    Und was die Stadtverschönerungsbewegung betrifft, da tun die wirklich was gutes und mit Erfolg! Es sieht wirklich schön aus da!

    Vielleicht sollte ich auch mal hin (nach Gifu will ich ja seit 3 Jahren und Matsumoto ist ja dann auch nicht mehr sooo weit) Deine Fotos & Beschreibungen sind auf jeden Fall sehr inspirierend!! *___*

    lg, Claudia

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    1. Hehe, dankeschön! ^^

      Stimmt, der Vergleich mit Nijô-jô und Matsumoto-jô hinkt ein wenig, allerdings erwarte ich mir auch bei einem Schloss etwas anderes *g* Nun ja, die Burgen sind toll, obwohl ich wirklich finde, dass Matsumoto die schönste von allen is. *g*

      Was ich gern mal hätte, dass das Innere auch noch so wie damals eingerichtet ist! Das wär toll. Im Ôsaka-jô ist ja auch alles ein Museum und im Matsumoto-jô ist der 2te Stock ein Waffenmuseum. (Ansonsten sind nur Stiegen)

      Ja, die Blumeninitiative trägt wirklich Früchte. Obwohl ich als Stadtplaner noch hie und da ein paar Flecken finden würde, die man bepflanzen könnte. Sind aber jetzt außerhalb des Zentrums. :P

      Wieso kommt Tôkyô net auf die Idee? T_T Überall nur Beton... bäh.. würde Jobs schaffen und die Stadt verschönern.. naja..

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  2. Wieder einmal tolle Bilder und ein faszinierender Bericht.
    Danke schön fürs Teilnehmen lassen.

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