2012/03/18

Yoshimoto Takaaki

Am 16. März 2012 erlag Yoshimoto Takaaki (bzw. auch Ryûmei genannt, 吉本 隆明) im Alter von 87 Jahren in einem Krankenhaus einer Lungenentzündung.

Yoshimoto Takaaki
Yoshimoto Takaaki ist im Westen, auch unter Japanologen, kaum bekannt. Es gibt keine Deutsche Übersetzung seiner Werke, obwohl er einer der einflussreichsten Intellektuellen Japans ist. Als Philosoph und auch Dichter trat Yoshimoto auf, diskutierte in den 50ern die Kriegsverantwortung von Schriftstellern und Intellektuellen, beeinflusste in den 60ern die japanische Studentenbewegung, hatte großen Einfluss auf die in den 60ern gebildete Neue Linke in Japan und verteidigte in den 80ern die aus dem konsumorientierten Kapitalismus entstandenen Konsumgüter.

Der kompliziert schreibende und denkende Yoshimoto Takaaki ist außerhalb Japans nahezu unbekannt, anders hingegen seine Tochter - Yoshimoto Banana, die in klarer, deutlicher und kurzer Prosa sofort das zum Ausdruck bringt, von dem sie erzählen möchte. Übersetzungen in unzählige Sprachen - das krasse Gegenteil des Vaters. 

Die (im Westen) berühmtere jüngste Tochter Yoshimoto Takaakis trauerte auch auf Twitter um ihren Vater, was die Zeitungen aufschnappten und so kurz vom Tod Yoshimoto Takaakis berichteten. 

Yoshimoto Takaaki ga kataru Shinran
wurde als eines der letzten Werke des stets arbeitenden Yoshimotos veröffentlicht.
(In normalen Buchhandlungen kaum zu erhalten :/)

Yoshimoto Takaaki war trotz seines fortgeschrittenen Alters und schlechten Gesundheitszustandes stets über die aktuelle Lage in Japan informiert und veröffentlichte bis zum Schluss seine eigenen Gedanken diesbezüglich mit der Unterstützung von Itoi Shigesato (糸井 重里). 

Da mir Nachrufe nicht liegen und schon gar nicht einer über Yoshimoto Takaaki möchte ich auf einige lesenswerte Webseiten verweisen:

Ein ausführlicher und gelungener Nachruf auf Yoshimoto Takaaki findet sich in der englischsprachigen Version der Asahi Shinbun:
 Unbedingt zu lesen, für alle, die mehr über den unübersetzten Intellektuellen wissen möchten.

Yoshimoto Takaaki. Ein Kritiker zwischen Dialektik und Differenzvon Reinold Ophüls-Kashima

Und wer mehr als nur einen Nachruf auf Yoshimoto Takaaki lesen möchte, dem sei eines der wenigen Werke über den Intellektuellen auf Deutsch empfohlen:
erschienen 1998 im Iudicum Verlag. (Hijiya-Kirschnereit, Irmela (Hg.): Iaponia Insula. Studien zu Kultur und Gesellschaft Japans (Bd. 8))

 Einen guten Überblick über Yoshimotos Werke erhält man auf der Website des
welches sich zur Aufgabe gemacht hat, alle Werke Yoshimoto Takaakis zu sammeln und herauszubringen. Dieses Projekt wurde in den 1960ern von der Hobonikkan Itoi Shinbun bis heute verfolgt.

2012/03/11

Wie im Flug...

... vergeht die Zeit.
Heute vor einem Jahr wurde Japan von einem Erdbeben der Stärke 9,0 erschüttert, dem folgte ein Tsunami, der mehr als 20.000 Menschen in den Tod riß, und das Unglück im AKW Fukushima I. 

Zu dieser Zeit hielt ich mich in Japan auf und war gerade dabei, dort einen neuen Lebenabschnitt zu beginnen, es kam jedoch anders. Auf Drängen meiner Familie gings zurück, aber nur für einen knappen Monat. Ich hab's durchgezogen und bin in Japan geblieben, habe einen Job gefunden und lebe den Alltag nach 3.11. - wie das verhängnisvolle Datum in Japan genannt wird - so gut es geht. 

Im Augenblick befinde ich  mich jedoch in Österreich. Ferienzeit, die einzige Zeit, in der ich frei nehmen konnte. Genau zum Jahrestag von 3.11. sitze ich unter blauem Himmel und höre das zwitschern der Vögel, die den nahenden Frühling herbeisingen, in einer Idylle, die ich aus Kindheitstagen kenne. 

Überblick einiger Demonstrationen im Großraum Tôkyô für den 3.11.2012

Vor ein paar Tagen gings auch nach Wien, um alte Freunde wieder zu treffen. Wie es so ist, wenn man sich lange Zeit nicht gesehen hat, hat man so viel zu erzählen, dass man 50.000 Stunden reden könnte - oder gar nichts. Es gibt einfach zu viel. Und auch viele Fragen, wie es mir jetzt geht, wie es in Tokyo jetzt denn aussieht, wie es sich so lebt, nach so einer Katastrophe, von der Tokyo eigentlich ziemlich verschont wurde. Ja, das Essen ist so eine Sache, da muss man aufpassen, sage ich. Und doch gibt es noch viel zu sagen und andererseits nichts. Es ist zu viel, so dass es einem die Sprache verschlägt.

Im Moment wäre ich am liebsten wieder in Tokyo, in Japan.