2015/08/06

70 Jahre Hiroshima Nagasaki 1945 - 2015

  •  70 Jahre Hiroshima Nagasaki 1945 - 2015
Heute vor genau 70 Jahren, am 6. August 1945 detonierte über der Westjapanischen Stadt Hiroshima um 8:16 Uhr morgens die Atombombe "Little Boy". Innerhalb weniger Augenblicke wurden bis zu 80 Prozent der Innenstadt Hiroshimas vernichtet, 70 bis 80.000 Menschen starben sofort - von vielen Menschen blieben nichts als Schatten auf Mauern übrig. Über diejenigen, die überlebten, fiel 20 Minuten radioaktiver Niederschlag - besser bekannt als "Schwarzer Regen". Jene Menschen, die nicht sofort starben, starben an den Spätfolgen ihrer Verletzungen oder der Strahlung. Bis 1946 starben je nach Schätzungen zwischen 90 bis 166.000 Menschen starben an den Spätfolgen "Little Boys".(1) Die überlebenden Strahlenopfer werden hibakusha genannt und wurden noch lange Zeit in Japan diskriminiert.

Sada Masashi - Hiroshima no Sora

Nur 3 Tage später, am 9. August 1945, detonierte über der Hafenstadt Nagasaki um 11:02 Uhr vormittags die zweite Atombombe "Fat Man". Durch die bergige Umgebung Nagasakis wurde die Wucht der Detonation ein wenig abgebremst, aber in einem Umkreis von einem Kilometer wurden 80 % der Gebäude zerstört und in der Innenstadt starben bis zu 22.000 Menschen sofort. Insgesamt werden die Todesopfer in Nagasaki zwischen 70 bis 80.000 Menschen geschätzt. 
Am 15. August 1945 erfolgte die Kapitulation Japans und somit auch das Ende des Pazifischen Krieges.

  • Neue ARD Dokumentation über den Atombombenabwurf über Nagasaki
Interessant ist auch eine neue ARD Dokumentation, an der Historiker Zweifel an der "Notwendigkeit der zweiten Atombombe" für eine rasche Beendigung des Pazifikkrieges äußern, und somit die offizielle geschichtliche Darstellung seitens der USA kritisieren. Der Artikel Nagasaki: Stadt zu Asche von René Martens in der Zeit vom 3. August 2015 berichtet ausführlich über diese Dokumentation und hier ist auch gleich ein Youtubelink zur Doku zu finden:

ARD Geschichte im Ersten: Nagasaki - Warum fiel die zweite Bombe?

  • Nachlese zu den Atombombenabwürfen auf fujimi-tea
In diesem Blog habe ich bereits 2011 ausführlicher über die Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki geschrieben. Hier gehts zur Nachlese↓


Weiters gibt es noch einen Blogeintrag über den Besuch in Nagasaki im darauffolgenden Jahr


Im Sommer 2009 habe ich auch zum ersten und bis jetzt leider einzigen Mal Hiroshima besucht, aber in diesem Blog noch nichts über diesen Besuch geschrieben. Ich hoffe, dass sich in naher Zukunft ein erneuter Besuch ausgeht - dann möchte ich auch noch einmal meine Eindrücke von damals vergleichen und hier niederschreiben. 
Ich persönlich habe mich mit 12 für Japan generell zu interessieren begonnen, als ich das Buch Sadako will leben von Karl Bruckner gelesen habe. Bis dahin wusste ich von Japan nur, dass Japaner gerne in so heißem Wasser baden, bis die Haut krebsrot wird - was ich ziemlich uninteressant fand (aber immerhin noch interessant genug, um diese Anekdote nicht zu vergessen). 

  • Gedanken zur aktuellen Lage in Japan - 70 Jahre und kein bisschen weiser (?)
Seit 4 Jahren habe ich die Gedenkfeiertage an die Atombombenabwürfe in Japan selbst "erlebt" - eigentlich nur via TV oder Nachrichten, nicht wirklich live. 
Der diesjährige Gedenktag ist jedoch etwas besonderes, da sich die Atombombenabwürfe zum 70. Mal jähren. 70 Jahre ist so gut wie ein gesamtes Menschenleben! Was bedeutet, dass es immer weniger und weniger Zeitzeugen gibt. Die wenigen noch lebenden hibakusha versuchen ihre Erfahrung und Erinnerung an die folgende Generation weiter zu geben und die "Friedenserziehung" (heiwakyouiku) vor allem in Volks- und Mittelschulen blüht wie eh und je. 

Jedoch zeigen sich in Japan in letzter Zeit komplett gegensätzliche Tendenzen von der offiziellen Regierungsseite. Die Stadtregierungen von Hiroshima und Nagasaki treten für den Frieden und die weltweite Abschaffung von Atomwaffen ein, seit dem Reaktorunglück in Fukushima erweiterten einige ihre Forderungen auch auf die Stilllegung von Kernenergie. 
Doch die japanische Zentralregierung in Tokyo unter dem Premierminister Abe Shinzo sieht die ganze Sache ein wenig anders. Mit seinem Versuch, durch eine Neuinterpretation der japanischen Nachkriegsverfassung die "kollektive Selbstverteidigung" offiziell einzuführen und somit japanische Soldaten an ausländische Kampfschauplätze zu schicken, verstimmte er einen Großteil des japanischen Volkes. So sehr, dass regelmäßige Demonstrationen im ganzen Land (!) zustande gekommen sind - nicht nur von den "Alten Linken", sondern auch von vielen jungen Menschen, eine neue Studentenbewegung ist am Aufkeimen - und letztens haben sogar Mittelschüler sich versammelt und gegen die Neuinterpretation der Verfassung demonstriert. 


Wie die Asahi Shinbun berichtet haben sich dieses Jahr sieben Repräsentanten der hibakusha mit dem Premier Abe nach der offiziellen Gedenkfeier in Hiroshima getroffen und ihn gebeten, die umstrittenen Sicherheitsgesetze nicht durchzuziehen. Abe habe darauf hin gemeint, dass das Sicherheitsgesetz eine funktionierende Sicherheitsallianz zwischen den USA und Japan ausdrücke und weitere Konflikte verhindern würde. Die Asahi erwähnt auch, dass es das zweite Mal sei, dass sich die hibakusha Repräsentanten direkt an den Premier wenden und sich gegenüber seiner Politik äußern. Letztes Jahr baten sie ihn, die umstrittene Neuinterpretation der Verfassung nicht durchzuführen. (2)

All dies geschieht 70 Jahre nach der Niederlage Japans im 2. Weltkrieg, 70 Jahre nach den verheerenden Luftangriffen auf Tokyo, 70 Jahre nach der Schlacht von Okinawa und 70 Jahre nach den Atombombenabwürfen auf die zivilen Städte Hiroshima und Nagasaki. 

Mit dem kontinuierlichen Wegsterben der letzten Zeitzeugen, so wie es die 70 Jahre einfordern, gerät auch langsam die Tragik des Krieges in Vergessenheit.  Es dauert wohl 70 Jahre, also gut 3 Generationen, um zu vergessen, was eigentlich nicht vergessen werden sollte. 
70 Jahre sind nicht nur in Japan vergangen - sondern auch im Rest der Welt. Die Tendenzen der letzten Jahre in Europa lassen auch erkennen, dass 70 Jahre eine sehr lange Zeit sind. Bei manchen Menschen stellt sich mit 70 langsam Altersdemenz ein - so wie es aussieht, gibt es diese Altersdemenz auch im "kollektiven Bewusstsein" der Menschheit. 

Die Frage ist, wo wird Japan bei dem 75jährigen oder 80jährigen Gedenktagen der Atombombenabwürfe stehen? Und wo steht dann der Rest der Welt?

  • Fußnoten: 

  • Weiterführende Links:


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen