Dass das malerische Städtchen Kamakura im Süden von Tokyo bekannt für seine unzähligen Tempel und die Surfer in der Shonan Bucht ist, dürfte wohl den meisten geläufig sein. Aber auch viele japanische Literaten hausten und hausen in der Stadt, die vor fast 1000 Jahren das Regierungszentrum Japans war und nach der auch ein eigenes Zeitalter, die Kamakura Zeit (1185-1333), benannt wurde. Zu den berühmtesten japanischen Schriftstellern, die in Kamakura wohn(t)en zählt wohl Murakami Haruki, aber auch viele andere Schriftsteller und Philosophen haben für eine längere Zeit in dieser Stadt gewohnt.
Natsume Soseki übte Zen im Engaku-ji aus und schrieb darüber in seinem Roman Mon. Moderne Schriftsteller wie Tanizaki Junichirô, Izumi Kyôka, Kunikida Doppo, Dazai Osamu, Arishima Takeo oder Shimazaki Tôson zählen auch dazu.
Unter den Dichtern finden sich Berühmtheiten wie Nakahara Chûya, Hagiwara Sakutarô, Miyoshi Tatsuji oder Masaoka Shiki, Takahama Kyoshi, Yosano Akiko, etc.
Weiters lockte Kamakura, das von den meisten Schriftstellern vor 100 Jahren aufgrund seines angenehmen Klimas vor allem als Kurort aufgesucht wurde, durch seine Nähe zu Tokyo. Man kann ein angenehmes Leben führen und schreiben, und ist aber trotzdem innerhalb von 2 Stunden in Tokyo und kann bei den Verlagen und Herausgebern vorstellig werden.
(Natürlich gibt es auch heute viele normale Salaryman, die in Kamakura wohnen und tagtäglich nach Tokyo in die Arbeit pendeln. Auch so ein Leben ist möglich und wohl für die Mehrheit typisch!)
Kein Wunder also, dass es in Kamakura auch ein Literatur Museum gibt. Es befindet sich 5 Minuten zu Fuß von der Station Yuigahama der Enoshima Linie entfernt in der schmucken Villa Maeda mit Rosengarten. Ich wollte schon immer mal ins Literatur Museum von Kamakura und habe letztendlich meine Kollegen samt Professor von unserem Seminar für Moderne jap. Literatur überredet, einen Studienausflug nach Kamakura zu machen. ^^ (Anm.: Es war Ende April!)
Kamakura Bungakukan - Literaturhaus Kamakura |
Die derzeitige Ausstellung lief bis zum 10. Juli und befasste sich mit dem modernen Dichter Hagiwara Sakutarô (萩原朔太郎), der wohl einer der berühmtesten japanischen Literaten ist. (Anm.: Hagiwara ist der Nach- und Sakutaro der Vorname. jap. Literaten werden oft nur mit dem Vornamen genannt, so wie Soseki, Ôgai etc) Er wird sogar als der "Vater der modernen Dichtung Japans" bezeichnet. Sein Erstlingswerk ist der Gedichtband "Tsuki ni hoeru" (『月に吠える』"Den Mond anbellen"), welcher 1917 veröffentlicht wurde. (Soweit ich weiß gibt es leider keine deutsche Übersetzung...) Dieser Band steht auch in engen Zusammenhang mit Kamakura selbst, da er dort geschrieben und editiert wurde. In der Ausstellung fanden sich neben einigen Habseligkeiten Sakutarôs, wie Schuhe, Hut oder Bücherregal, auch Erstausgaben seiner Gedichtbände und Fotografien, die Sakutarô selbst in Kamakura geschossen hatte.
Werbung fürs Literaturhaus am Bahnhof |
Letztendlich verstarb Sakutarô mit nur 55 Jahren an einer Lungenentzündung im Jahr 1942. Japanischkundige können sich viele seiner Werke online auf Aozora Bunko durchlesen. Hier ein kurzer Auszug eines seiner berühmtesten Gedichte, "Bambus/Take".
Schöne Frontansicht des Literaturhauses |
Bambus
1 Im funkelnden Boden wächst der Bambus,
2 grüner Bambus wächst,
3 im Boden wächst die Bambuswurzel,
4 Die Wurzeln immer schmaler
5 Aus der Wurzelspitze wachsen feine Härchen,
6 Härchen von vager Schönheit wachsen,
7 zittern schwach.
8 Im harten Boden wächst der Bambus,
9 Auf dem Boden wächst der Bambus spitz
10 Ungestüm wächst Bambus,
11 Gefrorene Glieder, würdevoll,
12 unterm blauen Himmel wächst der Bambus
13 Bambus, Bambus, Bambus wächst.
竹
1 光る地面に竹が生え、 2 青竹が生え、 3 地下には竹の根が生え、 4 根がしだいにほそらみ、 5 根の先より繊毛が生え、 6 かすかにけぶる繊毛が生え、 7 かすかにふるえ。 8 かたき地面に竹が生え、 9 地上にするどく竹が生え、 10 まつしぐらに竹が生え、 11 凍れる節節りんりんと、 12 青空のもとに竹が生え、 13 竹、竹、竹が生え。 |
Take
1 Hikaru jimen
ni take ga hae,
2 Aotake ga hae,
3 Chika niwa take no ne ga hae,
4 Ne ga shidai ni hosorami,
5 Ne no saki yori senmou ga hae,
6 Kasukani
keburu senmou ga hae,
7 kasuka
ni furue.
8 Kataki jimen ni take ga hae,
9 Chijo ni surudoku take ga hae,
10 Matusigurani take ga hae,
11 Kooreru fushibushi rinrin to,
13 Take,
take, take ga hae.12 Aozora no moto ni take ga hae, |
Nach dem Ausflug ins Literaturhaus wurden zu Mittaggegessen (Shirasu don! = ganz ganz junge Sardinien) und natürlich noch obligatorische Sehenswürdigkeiten wie der Grosse Buddha von Kamakura und die tolle Kannon im Hasedera besichtigt. Ich hatte die ganze Zeit das Baby mit dabei und es war sehr brav, und von der goldenen riesigen Kannon sehr fasziniert!
Oben links im Bild: Shirasu don |
Der Grosse Buddha |
Im Hasedera |
Buddhas Fussabdrücke im Hasedera |
Hier im Blog habe ich auch unter "Kamakura Special" einige weitere Plätze Kamakuras vorgestellt.
Kamakura Special: Tausend und eine Nacht im Ryokan
Kamakura Special: Katzen von Enoshima
Kamakura Special: Kulinarik
Kamakura Special: Die Schreine von Enoshima Teil 1
Kamakura Special: Engaku-ji im Herbst
Kamakura Special: Ten'en Wanderweg - 天園コース
Mochi Tsukuri in Kamakura
Kamakura Special: Tausend und eine Nacht im Ryokan
Kamakura Special: Katzen von Enoshima
Kamakura Special: Kulinarik
Kamakura Special: Die Schreine von Enoshima Teil 1
Kamakura Special: Engaku-ji im Herbst
Kamakura Special: Ten'en Wanderweg - 天園コース
Mochi Tsukuri in Kamakura
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen