2011/06/16

Takahata-fudô-son - schöner Mann - schöner Tempel

Ein Tempel für Otakus - Shinsengumi & Hijikata

Die Keiô-Linie hat ein kleines Heftchen herausgebracht, welches über drei interessante Tempel informiert, die per Keiô zu erreichen sind. Über einen davon, den Jindai-ji in Chôfu, habe ich bereits hier einen Eintrag geschrieben. Der zweite der drei alten Tempel ist der Takahata-fudô-son in Hino, Tôkyô. (Der dritte befindet sich am Berg Takao, der demnächst auch abgegangen wird!)

Der Takahata-fudô-son in Hino
Statue Hijikata Toshizôs
Der Takahata-fudô-son wird in dem Heftchen für seine vielen buddhistischen Statuen angepriesen, jedoch ist er unter ausländischen Besuchern vor allem für die Shinsengumi und deren Anführer Hijikata Toshizô.
Ganz kurz eine Einführung zu den Shinsengumi: Diese "neue auserwählte Gruppe" setzte sich ursprünglich aus rônin, herrenlosen Samurai, zusammen, die in der Edô-Zeit (1603-1868) für das Shogunat und gegen den Tennô kämpfte. Die Shinsengumi stellten die letzte (bekannte) Samuraimiliz dar und waren vor allem um 1860 in Kyôto aktiv.

Wie kommt es dann, dass sich in Tama-shi, einer Vorstadt Tôkyôs, ein Tempel befindet, der den Shinsengumi und vor allem Hijikata gewidmet ist? 




Eine kleine Einführung in die Geschichte der Shinsengumi und das ganze Drum-Herum 

Ganz einfach, an diesem Ort - weit weg von Kyôto - gab es damals die Shieikan Schwertschule (Shieikan Kenjutsu-Dôjô), an der eben auch Hijikata als Schüler fleißig unterwegs war. Hijikata und Kondô Isami (der ebenfalls im Dôjô unterwegs war) schlossen sich zur Kondô Gruppe mit anderen Samurai zusammen und gingen nach Edô, um das Tokugawa-Shogunat zu unterstützen.


Ein Ema mit dem Jäckchen der Shinsengumi

Berühmt wurden die Shinsengumi durch den sogenannten Ikedaya-Vorfall
Eine andere Gruppe von Samurai, die Ishin Shishi, planten in Kyôto an mehreren Stellen Feuer zu legen, um Matsudaira Katamori (ein Daimyô, der für die Sicherheit Kyôtos zuständig war) und Nagawa-no-miya Tasuhiko zu töten und den Tennô zu entführen. Den Shinsengumi gelang es jedoch, ein Mitglied der Ishin Shishi zu fangen und letztendlich die Pläne für den bevorstehenden Überfall zu erfahren. Am 8. Juli 1864 stürmte eine Truppe der Shinsengumi den geheimen Versammlungsort der Ishin Shishi, den Ikedaya-Ryôkan, wobei dieser komplett zerstört wurde.
Durch diesen Vorfall erfuhren sie auch einen Zuwachs an Mitgliedern, in den besten Zeiten konnten sich die Shinsengumi auf 300 Mann verlassen. Angeblich soll der Ikedaya-Vorfall auch die Meiji-Restauration (Umbruch im Jahr 1868, eine Epocher rasanter Modernisierung und Verwestlichung Japans und Rückkehr zum Kaisertum, welches zuvor von den Shogunen unterdrückt worden war) verzögert haben. 

Hijikatas Portrait auf der Wand eines Manju-Geschäfts
Ihr Ende fanden die Shinsengumi im Boshin-Krieg ("Krieg im Jahr des Drachen", 1868-1869) der den Entscheidungskampf um die Macht über Japan zwischen dem Tokugawa-bakufu (der Tokugawa Regierung) und den kaiserlichen Truppen darstellte. Durch die Niederlage des Shogunats erlangte das Kaiserhaus wieder an Macht und die Meiji-Restauration veränderte Japan grundlegend. Der Samurai Saigô Takamori (1828-1877) führte die siegreichen kaiserlichen Truppen an, diesem wiederum versuchte sich der Shogun Tokugawa Yoshinobu (1837-1913) zu widersetzen, jedoch waren seine Truppen sehr schlecht ausgerüstet. 
Kurz gesagt, nach mehreren Schlachten musste Tokugawa Yoshinobu sich geschlagen geben, in Japan wurde mehrheitlich der Kaiser als das neue Regierungsoberhaupt anerkannt. Aizu leistete noch Widerstand, gab jedoch rasch auf. Kurze Zeit darauf wurde Edô in Tôkyô unbenannt und die Meiji-Ära eingeläutet. 
Shinsengumi-Eis wird angepriesen
Die Shinsengumi blieben dem Shogunat jedoch treu und wurden aus Kyôto vertrieben. Am 1. März 1868 benannten sie sich in Kyochinbuntai um und kämpften weiter bis Kondô von den kaiserlichen Truppen gefangen und schließlich April 1868 getötet wurde.
Auch General Enomoto Takeaki (1836-1908) galt jedoch als "letzter Loyalist" des Tokugawa-Shogunats und zog sich mit dem Rest der bakufu-Truppen, nach Hokkaidô zurück, um dort die Republik Ezo zu gründen. Nach Kondôs Tod hatte sich Hijikata dem General Enomoto angeschlossen.

Die Seeschlacht von Hakodate (4.-10. Mai 1869) läutete das Ende des Boshin-Krieges und den endgültigen Sieg des Kaisers über das Shogunat ein. Hijikata wurde in der letzten Schlacht am 11. Mai 1869 erschossen. Der Tod Hijikatas bedeutete zugleich das Ende der Shinsengumi, obwohl einige Mitglieder überlebten. Übrigens, General Enomoto, mit dem Hijikata gegen den Kaiser gekämpft hatte, diente später dem Kaiser in der Meiji-Regierung, nachdem er 1872 begnadigt wurde. Die Republik Ezo wurde in das Meiji-Reich eingegliedert und in Hokkaidô umbenannt. 

So viel zur Geschichte der Shinsengumi, Japans und dem Ende und Anfang von Allem. Das ist wirklich nur eine sehr, sehr kurze Zusammenfassung und viele spannende und wichtige Details kommen nicht vor. Eine grobe Übersicht um zu wissen, wer in dem Tempel Takahata-fudô-son verehrt wird und warum man dort Shinsengumi-Souveniers kaufen kann. :D

So ein schöner Mann! - Gedenken an Hijikata
Übrigens, Hijikata war ein schöner Mann und Frauenheld, damit kann man natürlich noch mehr Souveniers verkaufen und die Shinsengumi-Miliztruppe bekommt einen leicht "romantischen" Touch, hier in Japan träumt man halt nicht vom Prinzen auf dem weißen Pferd, sondern von Hijikata. ;P

Und nun endlich zum Tempel - der Tahakata-fudô-son

Wie bereits anfangs gesagt, der Tempel befindet sich in der Stadt Hino, direkt in der Nähe des Bahnhofs Takahata-fudô. Er ist sehr leicht zu finden und um diese Jahreszeit - im Juni - für seine Hortensien (Ajisai) berühmt. Der Monat Mai hat sein Fuji-Festival, der Monat Juni sein Ajisai-Festival. Leider waren die Blumen nicht in voller Blüte, als wir gestern den Tempel besucht hatten, jedoch dürfte es in 10 Tagen so weit sein. An den Souvenierständen wird natürlich viel mit Shinsengumi und Ajisai verkauft, es gab sogar ein Ajisai-Eis und ein Shinsengumi-Eis (das wir aber nicht probiert haben).
Kurz vor dem buddhistischem Gottesdienst
Der Takahata-fudô-son gehört zu einem der drei großen Haupttempel, die der Gottheit Fudô Myôô geweiht sind. Diese Gottheit, die in Japan Fudô Myôô ("der Unbewegliche") genannt wird, zählt zu den fünf großen Myôo (Godai Myôô) und stammt ursprünglich aus dem indischen Buddhismus, wo er unter dem Namen Acala (was auch "der Unbewegliche" bedeutet) zu finden ist.

Letzte Vorbereitungen
Im Gegensatz zu den meisten Ikonografien des Buddhismus in Japan strahlt der Fudô Myôô keineswegs freundlichen den Tempelbesucher an, sondern besitzt eine erschreckende Fratze. Er ist in Besitz von Feuer und Schwert und fängt manchmal mit einem Seil Dämonen ein. Auch wenn Fudô Myôô bedrohlich wirkt, ist er ein lieber Kerl, denn er hilft, Feinde abzuwehren.
Der Fudô Myôô wird im Zuge von Feuerriten angesprochen - bei so einem rituellen Verbrennen von Holzstäbchen durften wir auch beiwohnen und es war für mich außergewöhnlich spannend, da ich noch nie soetwas gesehen hatte. (Jeder kann dabei zusehen! Das wusste ich bis dahin nicht! ^^;)


Im Takahata-fudô-son werden neben der Verehrung von Fudô Myôô und Hijikata von den Shinsengumi auch große Feste durchgeführt. Beim Mame-maki Festival (Mame-maki Matsuri) im Feber werfen Besucher, die im gleichen chinesischen Sternzeichen geboren sind, welches sich im derzeitigen Jahr befindet, mit Bohnen, um sich vor Dämonen zu schützen.
Pagode im Takahata-fudô-son
Von Anfang Juni bis Anfang Juli gibt es im Tempel im Rahmen des Ajisai Festivals (Ajisai Matsuri), das wir heuer besucht haben, mehr als 7.500 Ajisai-Blumen zu besichtigen. Und ab gegen Ende Oktober bis Mitte November wird den Chrysanthemen beim Chrystanthemen Festival (Kiku Matsuri) gehuldigt, wobei mehr als 2.000 verschiedene Chrystantemen-bezogene Kunstwerke von Blumenliebhabern aus der Gegend um Tama ausgestellt werden. 

Neben wunderhübschen Blumen, dem hübschen Hijikata und einem zornigen Fudô Myôô bietet der Tempel in Hino noch allerlei für seine Besucher! Im Okuden (奥殿), einem sich im hinteren Bereich des Tempel befindenden Gebäudes, werden neben der Statue von Fudô Myôô samt zwei ihn flankierenden Begleitern auch andere Schätze im Ausstellungsraum im Erdgeschoss und erstem Stock gezeigt, wobei dieser leider Montags geschlossen hat (und wir Montags da waren :/) Die Statue des Fudô Myôô ist ein wichtiger Kulturschatz und stammt aus dem Jahr 1342. 
Ajisai - Hortensien


Im Dainichi-dô (大日堂) , der Tempelhalle des Sonnenbuddhas, befindet sich an der Decke ein "weinender Drache" (鳴き龍), den man auch Montags gegen einen kleinen Aufpreis von 200 Yen (mit Ermäßigung um 150 Yen) weinen lassen kann. Ein viel bekannteres Pedant des "weinenden Drachens" vom Takahata-fudô-son befindet sich zB in Nikkô im Tôshôgû (東照宮, einem Shintô-Schrein zur Verehrung von Tokugawa Ieyasu, dem Begründer des Tokugawa-Shogunats).
Den Drachen bringt man zum Weinen, indem man an mehreren bunten Fäden mal zieht und dann in die Mitte des Raumes geht und laut klatscht. Allerdings hört nur der Klatschende in der Mitte des Raumes den Drachen weinen. Fotografieren war nicht gestattet. 

Es gab noch eine nette Episode, neben der, den Drachen zum Weinen zu bringen. Meine Freundin wollte sich einen Stempel für ihr Stempelbuch (ich denke, über dieses spezielle Stempelbuch sollte ich auch mal was schreiben! :P) holen und während wir auf den Stempel warteten, bekamen wir von einer jungen Dame im Büro des Tempels Grünen Tee und Senbei serviert. Ein Opa, der im Tempel angestellt war und wohl Mönch ;P, fand uns so toll und hat uns gleich angesprochen. Passiert immer, wenn ich mit dieser Freundin irgendwo in einen Tempel gehe! :D 
Lafcadio Hearn - Koizumi Yakumo
Der Mönch-Opa begann von einem  gewissen Koizumi zu sprechen und ich wusste zuerst nicht, wen er meinte. Bis ich draufgekommen bin, er spricht von Lafcadio Hearn, dessen japanischer Name Koizumi Yakumo lautete. Lafcadio Hearn (1850-1904) war ein europäischer Schriftsteller, der entscheidend das Japan-Bild im Westen prägte. 1890 ging er nach Japan und arbeitete zunächst als Sprachlehrer und 1896 erhielt er eine Professur für englische Literatur an der Kaiserlichen Universität Tôkyô (heute: Universität Tôkyô). 
Der liebe Mönch-Opa hat uns zum Friedhof raufbegleitet und eine Plakette gezeigt, die eine Anekdote über Lafcadio Hearn enthielt. Dann hat er mir noch ein kleines Buch (eher Zeitschrift?) über Buddhismus geschenkt und meinte, ich solle das studieren. :D Voll lieb!

Nach dem lieben Mönch-Opa haben wir uns noch ein paar Sourvenierläden angeschaut, Mitbringsel gekauft und das Ajisai-Eis verdrückt! Empfehlenswerter Tempel - und nächste Woche sollen dann alle Ajisai in der vollen Blüte stehen!

Weiterführende Links:

Weitere Bilder vom Takahata-fudô-son: 
Ajisai-Eis mit Ebi-Senbei; sprich Hortensien-Eis mit Garnelen-Cracker :D

Ajisai im Takahata Fudô-son
Vor den Toren des "weinenden Drachens"
Auch für seine alten Schriftrollen und Texte ist der Takahata Fudô-son berühmt
Heimlicher Schnappschuss in die Hallen des "weinenden Drachens"
Plakette zu Lafcadio Hearn - Zum Nachlesen für Fleißige :D
Ajisai
Takahata Fudô-son
Geheimer Garten? - Takahata Fudô-son
Chasen Kuyôtô 茶筅供養塔 - "Grabstein" für die abgenutzten Teebesen der Teezeremonie :D
Mitten im buddhistischen Tempel befindet sich ein shintoistischer Inari-Schrein
Kleiner süßer Bär aus chirimen (jap. Kreppstoff)

2 Kommentare:

  1. also der Teil mit den Shinsengumi passt (wegen Kontrolle)

    bzw. das Kommentar zum Foto vom Hijikata XDDDD
    so schön XD

    und wegen Lafcadio Hearn, jetzt weiß ich, wer das war. aber nur wegen der Literaturliste o.O ich kenn das kwaidan...

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  2. Na, bin ich froh! ^^ Aber der Teil is ein bißchen zu lang geworden...^^;

    Oho, das Kwaidan kennst, na sehr brav! :D

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